INTERVIEWREIHE: IM GESPRÄCH MIT...
3 FRAGEN - 3 ANTWORTEN
Willkommen zu unserer exklusiven Interviewreihe "IM GESPRÄCH MIT..." – begeben Sie sich mit uns auf eine spannende Reise durch die Köpfe und Geschichten unserer Expert*innen und Akteur*innen aus der Region Heilbronn-Franken. Tauchen Sie ein in die Welt von Innovation, Tradition und persönlicher Leidenschaft, während wir in jeder Ausgabe drei prägnante Fragen stellen und drei aufschlussreiche Antworten erhalten. Erleben Sie die Vielfalt und Dynamik unserer Region durch die Augen derer, die sie gestalten und prägen.
Lassen Sie sich inspirieren, überraschen und informieren – jeden Monat erwartet Sie ein neues Gespräch.
... Bernhard Feßler
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Bernhard Feßler ist neuer Geschäftsführer bei der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken GmbH
>> Das Lächeln am Morgen kommt am Abend zu Dir zurück. <<
FRAGE 1: Herr Feßler, Sie sind am 7. Januar 2025 gestartet. Wie waren Ihre ersten zwei Wochen?
Bemerkenswert und besonders wertvoll war, dass ich bereits im Vorfeld im November und Dezember an wesentlichen Sitzungen der WHF teilnehmen konnte; so etwa die Mitarbeitergespräche. Das war ein toller Vertrauensvorschuss. Am ersten Tag wurde ich sehr herzlich aufgenommen, mit blitzeblankem Büro, schönem Geschenk auf dem Schreibtisch und einem komplett neuen IT-Equipment. Dem Einstieg mit voller Kraft stand nichts im Wege. Dr. Andreas Schumm und das Team haben alles getan, dass ich mich schnell einfinden und wohlfühlen konnte. Schonfrist gab es im Prinzip keine. Es ging sofort los mit Projekten und Themen, die zum Tagesgeschäft gehören. Ziemlich viel Neuland. Vor allem was das Projektgeschäft anbelangt. Dankbar bin ich, dass mein Vorsitzender, Oberbürgermeister Harry Mergel, stets ein offenes Ohr hat und erreichbar ist. Das erste persönliche Gespräch war vertrauensvoll und motivierend. Das ist nicht selbstverständlich. Tag für Tag geht es immer um schnellere Schritte voran. Ende des Monats steht da noch der endgültige Umzug aus Berlin an. Ich freue mich auf die Wohnung im Neckarbogen, die die Lebensqualität durch den Wegfall der Fahrten erheblich verbessern wird. Dem kommenden Frühjahr steht nichts mehr im Wege!
FRAGE 2: Herr Feßler, wie sehen Sie die politische Lage in Deutschland – jetzt und in Bezug auf die Bundestagswahl am 23. Februar?
Es steht uns das dritte Rezessionsjahr in Folge bevor. Eine solche Negativphase gab es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie. Das Handelsblatt schrieb neulich in einem Artikel sogar schon von Deutschland als einer „Kuba-Wirtschaft“. Dies bezog sich darauf, dass Autos, LKW und Flugzeuge in Deutschland immer länger im Einsatz sind und somit immer älter werden. Der Wirtschaftskreislauf im originären Sinne findet nicht statt. Es ist eher ein Indiz für Investitionsschwäche und eine stockende Wirtschaft. Sicherlich ähneln wir noch keinem postkommunistischen Oldtimer-Museum in der Karibik. Indes, wir täten gut daran, von deren guter Laune etwas anzunehmen, statt fortwährend miese Stimmung im Land zu verbreiten. Wie heißt es so schön „was ich denke, strahle ich aus und was ich ausstrahle, ziehe ich an“.
Fakt ist: „Wenn Deutschland muss, dann kann Deutschland auch“. Wir sind – man mag es kaum glauben – nach wie vor die drittstärkste Volkswirtschaft der Welt. Wir haben uns schon mehrfach aus Krisen herausgearbeitet, meist mit einschneidenden und merklichen Reformen. Jetzt ist wieder Reformzeit. Die Rufe nach einer Wirtschaftswende, einem Neustart oder einem Ende des „Veränderungsnotstands“, wie es ZDH-Präsident Dittrich formulierte, sind keine übertriebenen Klagelieder, sondern brennend notwendige Vorgaben für die nächste Bundesregierung. Wie immer diese aussehen mag, wenn diese den Turnaround nicht hinbekommt, bangt mir vor Verhältnissen wie wir sie in Österreich oder Ungarn erleben. Und was aus den USA kommen wird, können wir vielleicht ahnen, wissen tun wir es nicht. Auf jeden Fall ist es vorbei mit der deutschen Wohlfühlkultur in der US-amerikanischen Sicherheitswiege.
Die zentralen Forderungen müssen sein: mehr Freiheit, weniger Regelungswut (auch und gerade in Brüssel), radikaler Abbau des lähmenden Bürokratismus‘ durch den Staat, bessere Rahmenbedingungen für Betriebe und Beschäftigte, Freiheit für die unternehmerische und persönliche Entwicklung. Das sind die Maßgaben, die wir wieder brauchen! Der Dreiklang aus „Erwirtschaften first – Verteilen second – Ausruhen third“ – muss das Credo sein.
Nicht alles muss oder kann sofort besser werden, aber die Menschen dürsten nach einem Signal des Aufbruchs. Und vielleicht ist es, wenn man nach Österreich schaut, die letzte Chance für jene Parteien, die seit 75 Jahren unser Land regieren.
Ich frage mich beim Blick in so manches Wahlprogramm: Haben die Herr- und Frauschaften den Knall nicht gehört? Ich bin entsetzt – und habe es ja nun sieben Jahre live und in Farbe mitbekommen - dass sich eine ganze Schar von politisch Verantwortlichen in Amt und Mandat unterschiedlichster Parteicouleur in der prekären Lage verhalten und äußern, als sei die Lage geradezu schicksalhaft über sie gekommen und sie wären auch ganz baff und betrübt. Und sie schauen sich hilfesuchend um, als wollten sie sagen „macht doch was“. Nur wer, wenn nicht genau jene Volksvertreter. Mannomann, denke ich mir da so oft: packt es doch einfach mal an und macht was draus! Die Bürger lechzen nach Leadership, nach Persönlichkeiten, denen sie vertrauen wollen und können.
Ich habe in meinen letzten sieben Jahren alle Bundesländer mehrfach besucht, war eingebunden in politische Prozesse. Doch die neidvolle Bewunderung des Baden-Württembergers nahm Jahr für Jahr ab. Wir haben uns zu lange in der Automobil(zuliefer-)industrie-Bubble sicher gefühlt. Obschon wir spüren konnten, dass sich das verändern würde. Man will es halt nicht wahrhaben, wenn es so schön ist.
Doch heute sind es genau jene, die nun beklagen, es drohten nun magere Jahre. Man sei plötzlich nicht mehr konkurrenzfähig, der Südwesten stehe sogar schlechter da als Deutschland insgesamt. Wer hätte das gedacht?
Was nun also? Es ist höchste Zeit, allerhöchste, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen. Vorschläge, nicht alle bequem, liegen zur Genüge auf dem Tisch. Da geht es um ganz praktische Regelveränderungen bei Gesetzen, Vorschriften und Steuern. Es geht aber auch um Haltung. Und um unsere Werte, die uns groß und erfolgreich gemacht und zu Bewunderung von außen geführt: Fleiß, Ehrgeiz, Leistung, Bekenntnis zu Standort, Heimatliebe. Und vor allem die Einstellung, dass Arbeit nicht die leidige Überbrückung von Freizeit zu Freizeit ist, sondern Erfüllung und Aufgabe.
Eine Gnade, wer ins „G’schäft“ geht! Also los: packen wir gemeinsam an und räumen die Steine aus dem Weg – hands on – auch wenn’s mal weh tut.
WIR in HEILBRONN-FRANKEN beginnen und verstehen Disruption und Transformation als Chance, wieder zu gestalten und für das einzustehen, was und groß gemacht hat: SCHWÄBISCHER FLEISS und TUGEND!
FRAGE 3: Sie kommen aus Berlin vom Spitzenverband des Deutschen Pferdesports und der Zucht zur WHF. Wie profitiert die WHF davon?
Das wurde ich tatsächlich sehr oft gefragt. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. (FN) ist mit 700.000 Mitgliedern, 1,3 Millionen registrierten Pferden (für Turniere und die Zucht) und mindestens von beidem nochmal das Dreifache an Personen, die nicht organisiert mit Pferden verbunden sind, der siebtgrößte deutsche Spitzensportverband. Mein Schwerpunkt war u.a. die Kontaktpflege, die Zusammenarbeit, die Kooperation mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestags aller demokratischen Parteien. Ich war in jeder Sitzungswoche regelmäßig im Plenum und in den für uns zuständigen Ausschüssen als Impulsgeber, Ratgeber und Botschafter. Es wurde in meiner Zeit ein „Parlamentskreis Pferd“ gegründet; darauf bin ich stolz. Meine Leidenschaft galt der Landwirtschaft. Das war natürlich toll, weil der Bauernpräsident Joachim Rukwied aus der Region Heilbronn-Franken kommt. Ich war Mitglied des Präsidiums. Eine ehrenvolle Aufgabe. Die Lobbyarbeit mit den Ministerien war genauso Teil meines Geschäftes, wie die Zusammenarbeit mit den Landnutzerverbänden (Jäger, Forst und Wald, Landeigentümer, Familienbetriebe, Fischerei, u.a.) Schützen durch Nützen war unser Ansatz.
Die Kontakte zur Wirtschaft fielen im Rahmen der politischen Arbeit auch in meine Verantwortung. Dazu habe ich mehr als die Hälfte der Wochenenden des Jahres auf Turnieren, Messen und einschlägigen Veranstaltungen mit Wirtschaftsvertretern verbracht. Die Pferdebranche macht jährlich rund 7 Mrd. € Umsatz in Deutschland. Bekannt sind ja meistens nur der CHIO in Aachen, das Pfingstturnier in Wiesbaden, der Weltcup in Leipzig, das Hamburger Derby und das legendäre Stuttgart German Masters. Drumherum finden aber weitere 3000 Turniere statt. Mit engagierten, großteils ehrenamtlichen Helfern. Dies zu würdigen und deren Anliegen politisch einzubringen, gehörte auch zu meinen Aufgaben.
Ich war sieben Jahre lang der Wolfsbeauftragte der FN für die Weidetierhalter. Eines der emotionalsten und am wenigsten sachlichen Politikfelder, die ich begleitet habe und die das politische Leben dominiert. Hier war sicherlich meine Kompetenz als Brückenbauer und Vermittler an der Schnittstelle von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gefragt und geschätzt. Es scheint nun endlich über die EU-Bewegung in die Diskussion zu kommen, die kontrollierte Wolfsregulierungen (=Abschüsse) legitimiert und rechtssicher macht. Das wünsche ich mir für die Weidetierhalter sehr. Dann hätte sich der harte Kampf mit bösen Anfeindungen gelohnt.
Als leidenschaftlicher, jedoch nicht mit großen Erfolgen dekorierter Dressurreiter gehören Disziplin, Konsequenz, Ruhe und Geduld, Verantwortung und Partnerschaft zur Arbeit mit dem Pferd. Die Demut spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Die Harmonie zwischen Reiter und Pferd entsteht nur dann, wenn man die vorgenannten Eigenschaften beherzigt und nichts mit Gewalt erzwingen will. Das geht ins Gegenteil. Das Pferd ist der beste Spiegel für den Manager, den Menschen, das Kind, den Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, den Traumatisierten. Sie spüren meine Herzensliebe zu diesen Geschöpfen. Ich bin um jede Stunde dankbar, die ich mit Pferden verbringen darf.
Und das werde ich auch in der Region Heilbronn-Franken beherzigen. Viele Wegbegleiter haben sich gemeldet und angeboten, mich hier reiterlich zu „versorgen“. Dafür bin ich sehr dankbar. Neben der Dressur bin ich auch noch begeisterter Jagdreiter. Es ist mein Ziel für den Herbst, konditionell fit zu sein dafür. Und genau diese Fitness und fokussierte Konzentration sind dann wiederum ein Asset für die Arbeit in der WHF und mit meinem tollen Team. Eine Symbiose und WinWin-Situation.
KURZVITA:
Bernhard Feßler wurde 1968 in Böblingen geboren, wuchs in Bietigheim-Bissingen und Filderstadt auf. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann, anschließender Berufserfahrung in der Baubeschlagsindustrie und dem Studium der Verwaltungswissenschaft an den Universitäten Konstanz und Limerick/Irland war er nach weiterer Berufserfahrung in der Wirtschaft (BEHR, ContiTech) unter anderem 12 Jahre Landesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates der CDU e.V. In den letzten sieben Jahren leitete er das Hauptstadtbüro der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN) in Berlin und war für den Bereich Politik–Wirtschaft–Gesellschaft verantwortlich. Bernhard Feßler teilt zwei Wohnsitze. Er lebt in Leinfelden-Echterdingen und neuerdings im Heilbronner Neckarbogen. Der sportliche Geschäftsführer reitet nicht nur leidenschaftlich gerne, er fährt Ski, wandert, joggt und schätzt die Fußläufigkeit ins Büro, um fit und gesund zu bleiben.
Bildquelle: Jens Schicke