Ein Buch, eine Mission: sich mit möglichst vielen Menschen darüber auszutauschen, innerhalb sowie außerhalb der Hochschule Heilbronn (HHN). Das Vorhaben entstand im Rahmen des deutschlandweiten Wettbewerbs „Eine Uni – ein Buch“, bei dem die HHN mit ihrem Konzept gewann und dieses jetzt durch Aktionen mit Leben füllt. Die HHN entschied sich für den Roman „Klara und die Sonne“ von Kazuo Ishiguro. Ausgesucht wurde dieser durch eine 12-köpfige Jury, bestehend aus Studierenden, Mitarbeitenden und Professor*innen der HHN. Das Buch beleuchtet das Thema KI aus nicht-technischen Perspektiven und fordert dazu auf, das Menschsein im Kontext der aktuellen technologischen Veränderung zu reflektieren. Die verschiedenen Aktionen, um darüber mit der der Gesellschaft in Austausch zu gehen, starteten kürzlich.
Auftaktlesung in der Bibliothek LIV
Wie viel Liebe braucht der Mensch – und reicht es, wenn diese künstlich ist? Können „künstliche Freunde“ wie Klara, Ishiguros Ich-Erzählerin, Emotionen haben und menschliche Wesen ersetzen? Diese und andere Fragen standen im Fokus der Auftaktlesung „All we need is artificial love?“, die in der Bibliothek LIV am Bildungscampus stattfand. Schauspielerin Carmen Yasemin Ipek las Auszüge aus „Klara und die Sonne“ und unter der Moderation von Literaturhausleiter Dr. Anton Knittel diskutierten Rektor der HHN, Professor Oliver Lenzen, Professorin Gesine Lenore Schiewer (Lehrstuhl für Interkulturelle Germanistik der Universität Bayreuth) und KI-Experte Professor Javier Villalba-Diez (Fakultät Wirtschaft der HHN). Im Anschluss hatten Besucher*innen die Möglichkeit, die Diskussion bei einem Get-together fortzusetzen. Gemäß dem Projektziel hatte die Veranstaltung nicht nur Hochschulangehörige, sondern gleichermaßen Menschen aus der Stadtbevölkerung angesprochen: „Was ich heute hier gehört habe und vor allem das, was Professor Villalba-Diez zum Unterschied zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz gesagt hat, hat mich mit dem Thema KI versöhnt,“ sagte der geschätzt älteste Besucher der Veranstaltung.
“KI als Religion“ – Tagung Ökonomie und Ethik
Mit dem Titel „KI als Religion“ bot kurze Zeit später auch die diesjährige Tagung Ökonomie und Ethik am Bildungscampus Stoff für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema KI. Ziad Mahayni, Professor für Angewandte Ethik an der Hochschule Karlsruhe und neuer Leiter des Referats für Technik- und Wissenschaftsethik, legte in seinem Impulsvortrag dar, wo Parallelen und Unterschiede zwischen „Tech-Utopien“ und „traditionellen Religionen“ liegen, und welches Menschenbild in zeitgenössischen, technologiezentrierten Zukunftsvisionen zum Ausdruck kommt. Sein Streben über die eigenen Grenzen hinaus sei schon immer ein Antrieb des Menschen gewesen. Ein bedingungsloser, quasi-religiöser Glaube an Technik und Wissen, den Mahayni zum Beispiel im Transhumanismus beobachte, unterscheide sich jedoch sehr davon, wie in der antiken Philosophie die Optimierung des Menschen gedacht wurde. In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Prälat Ralf Albrecht (Evangelische Landeskirche Württemberg), Rektor Oliver Lenzen und Professorin Alexandra Reichenbach (Direktorin des Zentrums für Maschinelles Lernen der HHN) wurden ausgehend von Mahaynis Impuls unterschiedlichste Facetten und potenzielle Gefahren der KI beleuchtet. Auch das Publikum nahm am Austausch teil, insgesamt zählte die HHN 50 Teilnehmende vor Ort, 230 schalteten sich virtuell zu. „Der Themenkomplex bietet noch viel Raum für verantwortungsbewusstes Nachdenken, um die explosionsartige technologische Entwicklung sinnhaft gestalten zu können. ‚Klara und die Sonne‘ hat dazu einen wichtigen Impuls gesetzt“, sagt Veranstalter und Moderator der Tagung, Professor Roland Pfennig. Pfennig ist Ethikbeauftragter der HHN.
„WORTSTATT Heilbronn an der HHN“
Weiter ging es damit, dass Studierende und Mitarbeiter*innen der HHN selbst zum Stift oder zur Tastatur griffen und verschiedene Methoden des literarischen Schreibens ausprobierten. In Kooperation mit dem am Literaturhaus Heilbronn verankerten Projekt „WORTSTATT Heilbronn im Dialog“ und unter der Leitung der Lyrikerin Dagmara Kraus, Juniorprofessorin für Literarisches Schreiben an der Universität Hildesheim, entstand, ausgehend vom Roman, ein vielfältiger Mix aus kreativen Lyrik- und Prosatexten. Auch KI-Werkzeuge kamen zum Einsatz.
Ausblick
Weitere literarische Schreibwerkstätte in Kooperation mit dem Literaturhaus finden jetzt am 18. November 2023 sowie am 16. Dezember 2023 am Bildungscampus statt. Geleitet werden auch diese von renommierten Autoren: Martin Piekar und Michael Stavarič. Des Weiteren präsentieren Hochschulangehörige und Schüler*innen des Heilbronner Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums ihre Illustrationen zum Roman "Klara und die Sonne" am Campus Sontheim. Im Rahmen der Ausstellungseröffnung am 16. Januar 2024 können Besucher*innen zudem einen Chatbot nutzen, der in Kooperation mit dem Unternehmen mai.bot eigens für das Projekt entwickelt wurde.
Darüber hinaus sind weitere Events in Planung, wie beispielsweise eine Veranstaltung der HHN-Stipendiat*innen im „HHN Stipendium Grüne Zukunft“, die sich mit den Nachhaltigkeitsaspekten des Buchtextes auseinandersetzen wird. „Ishiguros Roman ist ein wichtiges und zeitgemäßes Buch, gerade für Heilbronn. Wir sind sehr zufrieden mit dem erfolgreichen Start der Reihe und laden alle Interessierten herzlich zu allen weiteren Veranstaltungen ein“, sagt Dr. Melanie Gish. Gemeinsam mit Miriam Leist leitet sie das Projekt an der Hochschule Heilbronn.
Weitere Informationen zum Projekt unter: www.hs-heilbronn.de/klara
Textquelle: Hochschule Heilbronn