Kein Licht am Ende des Tunnels – im Gegenteil: Die Stimmung in der regionalen Wirtschaft hat sich nach einem Tiefststand im 2. Quartal weiter verschlechtert. Es gibt aber auch einzelne positive Signale, wie aus der Konjunkturumfrage der IHK Heilbronn-Franken für das 3. Quartal 2023 hervorgeht.
„Auch im 3. Quartal dieses Jahres können wir keine Anzeichen für eine allgemeine Kehrtwende erkennen. Zwar laufen die Geschäfte bei einer Mehrzahl der Unternehmen in der Region Heilbronn-Franken zumindest befriedigend, aber hohe Abgaben und Energiekosten, Bürokratie und Fachkräftemangel drücken Stimmung und Erwartungen weiter in den Keller. Die Unternehmen sind tief verunsichert. Wir brauchen dringend ein Aufbruchssignal, um noch die Kurve zu kriegen“, bewertet die Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken, Elke Döring, die jüngste Konjunkturumfrage der IHK in der Region Heilbronn-Franken.
Danach hat sich der Negativtrend aus dem 2. Quartal 2023 weiter fortgesetzt. Zwar sprechen knapp 57 Prozent der mehr als 360 befragten Betriebe aller Branchen und Größenklassen von einer insgesamt befriedigenden Geschäftslage, aber nicht mal mehr ein Drittel der Betriebe (29 Prozent) meldet gut laufende Geschäfte. Vor drei Monaten waren es noch 35 Prozent. 15 statt zwölf Prozent sind mit dem Geschäftsverlauf unzufrieden. Noch mal verschlechtert hat sich die Lage im Großhandel, im Baugewerbe und in der Industrie. Einzelhandel und Gastronomie senden hingegen seit langem wieder ein paar positive Signale. „Bei den Geschäftserwartungen sieht es aber weiter düster aus. Sie waren seit Beginn der Energiekrise im Herbst vergangenen Jahres nicht mehr so schlecht“, bedauert Elke Döring. In Zahlen bedeutet das: Nur noch 13 Prozent (Vorquartal 16 Prozent) der Betriebe blicken optimistisch in die Zukunft und gehen von einer positiven Geschäftsentwicklung aus, 32 statt 27 Prozent erwarten rückläufige Geschäfte. Das größte Risiko ist nach wie vor mit Abstand der Fachkräftemangel (68 Prozent), gefolgt von der schwächelnden Inlandsnachfrage und den hohen Energie- und Arbeitskosten. „Große Sorgen bereitet uns, dass dies einher geht mit der niedrigsten Einstellungsbereitschaft seit Jahresbeginn 2021. Mit 21 Prozent plant fast ein Viertel der befragten Unternehmen einen Stellenabbau. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als im Vorquartal“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin.
Auftrags- und Investitionsflaute
Industrie: Beurteilten die Industriebetriebe in der Region ihre Geschäftslage bereits im 2. Quartal deutlich negativer als zu Jahresbeginn, hat sich die Situation im Sommer weiter verschlechtert. „Der Saldo der Lagebeurteilungen erreicht den niedrigsten Stand seit drei Jahren und liegt deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt“, berichtet Elke Döring. Nur 29 Prozent der Industrieunternehmen bezeichnen ihre aktuelle Lage als gut, fast zehn Prozent weniger als im Vorquartal. Entsprechend steigt die Zahl negativer Rückmeldungen. 16 statt elf Prozent der Betriebe sind mit dem Geschäftsverlauf unzufrieden. Befriedigend nennen 55 Prozent ihre wirtschaftliche Situation. Die Gründe liegen in der Auftragsflaute: Die Inlandsorders sind per saldo auf den schlechtesten Wert seit der Finanzkrise 2008/09 gesunken. 53 Prozent melden einen Rückgang (Vorquartal 40 Prozent). Bei den Aufträgen aus dem Ausland sieht es nicht besser aus. 45 Prozent der Unternehmen müssen Rückgänge im Auslandsgeschäft verkraften, zwölf Prozentpunkte mehr als im Vorquartal. Entsprechend pessimistisch fallen die Erwartungen aus. Fast ein Drittel der Betriebe blickt skeptisch in die Zukunft, mehr als ein Viertel (27 Prozent) rechnet mit einem Exportrückgang. Das hat Folgen: 36 Prozent der Industriebetriebe wollen ihre Investitionen im Inland zurückfahren, 23 Prozent Personal abbauen.
Wohnungsbau liegt am Boden
Baugewerbe: Die Krise im Baugewerbe setzt sich fort, wie die IHK-Hauptgeschäftsführerin beobachtet: „Steigende Zinsen, komplexe Bauvorschriften und hohe Baukosten führen dazu, dass viele Bauvorhaben storniert werden.“ Zwar entwickeln sich laut IHK-Konjunkturumfrage die Auftragseingänge weniger schwach als im Vorquartal, aber mehr als die Hälfe der Unternehmen (56 Prozent) berichtet von Einbußen. Insgesamt bezeichnen 18 Prozent ihre Geschäftslage als schlecht, drei Prozent waren es im Vorquartal. Ein „befriedigend“ geben 61 Prozent. Die aktuelle Situation hängt stark davon ab, in welchem Bereich die Unternehmen aktiv sind. Während es in Teilen des Straßen- und Tiefbaus zu einer Verbesserung der Auftragslage gekommen ist, klagen 85 Prozent der Betriebe im Wohnungsbau und 73 Prozent der Unternehmen im öffentlichen Hochbau über rückläufige Auftragseingänge. Angesichts überwiegend pessimistischer Geschäftserwartungen (51 Prozent) droht auch auf dem Bau ein Beschäftigungsrückgang. Kein Betrieb will Personal aufbauen, aber fast ein Viertel plant Stellenstreichungen.
Licht und Schatten im Handel
Großhandel: Flaue Nachfrage und gestiegene Kosten machen sich im Großhandel bemerkbar und sorgen für die erste negative Lageeinschätzung seit Sommer 2020. 26 Prozent der Großhändler sind mit dem Geschäftsverlauf unzufrieden, nur noch vier Prozent melden gute Geschäfte. Vor drei Monaten waren das noch 20 Prozent. Dabei ist der die Produktion beliefernde Großhandel stärker betroffen als der konsumnahe Großhandel. Insgesamt meldet kein Betrieb mehr einen Zuwachs bei den Bestellungen. Vielmehr klagen 64 statt 58 Prozent über Rückgänge. Entsprechend blicken 45 Prozent (Vorquartal 49 Prozent) der Händler pessimistisch in die Zukunft.
Einzelhandel: „Die Inflationsrate gibt nach, die Kauflaune steigt, und die Stimmung im Einzelhandel bessert sich“, sagt Elke Döring. Tatsächlich berichten mit 40 Prozent fast doppelt so viele Einzelhändler wie im Vorquartal von einem guten Geschäftsverlauf. Bei 14 statt 24 Prozent läuft es nicht so gut, und immer noch 63 Prozent (Vorquartal 78 Prozent) beobachten ein zurückhaltendes Kaufverhalten. Gute Geschäfte machen der Lebensmitteleinzelhandel, die Anbieter von Sport- und Geschenkartikeln sowie die Baumärkte. Unzufrieden sind die Möbelhändler. Nicht nur sie blicken skeptisch in die Zukunft: Mehr als ein Viertel der Betriebe (27 Prozent) erwartet angesichts hoher Energie- und Arbeitskosten eine schlechtere Geschäftsentwicklung.
Abstriche auf hohem Niveau
Dienstleistungsgewerbe: Die bisher robust aufgestellten Dienstleister schwächeln im 3. Quartal etwas – allerdings auf hohem Niveau. 36 Prozent (Vorquartal 42 Prozent) sind zufrieden mit ihrer Geschäftslage, zwölf statt 13 Prozent unzufrieden. Überdurchschnittlich gut geht es dabei den ITK- und Beratungsdienstleistern. Weniger gut läuft es bei der Arbeitnehmerüberlassung und der Reisevermittlung. Die Erwartungen fallen erstmals seit einem Jahr wieder per saldo pessimistisch aus. Fast ein Drittel der Unternehmen ist bezüglich der künftigen Geschäftsentwicklung eher skeptisch.
Der Sommer der Gastronomie
Hotel- und Gaststättengewerbe: Die Hotels und Gaststätten berichten von einem guten Sommergeschäft und Nachholeffekten der Corona-Pandemie. 46 Prozent der Betriebe melden eine gute Geschäftslage. Das sind zwar noch nicht so viele wie vor Corona, aber drei Prozent mehr als im Vorquartal. Nur fünf Prozent sind unzufrieden. Allesamt leiden die Betriebe nach wie vor unter den Energie- und Arbeitskosten sowie dem Fachkräftemangel, weshalb auch 35 Prozent (26 Prozent im Vorquartal) eher skeptisch in die Zukunft blicken. „Das sind erfreuliche Hoffnungsschimmer. Aber auch in vielen Betrieben, in denen es momentan besser läuft, bleiben die Erwartungen an die Zukunft eher von Pessimismus und Unruhe geprägt“, so Elke Döring abschließend.
Alle Zahlen und Grafiken für die Region Heilbronn-Franken gibt es auf:
www.ihk.de/heilbronn-franken
Textquelle: IHK Heilbronn-Franken